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Disputation zweier ungewöhnlicher Gäste

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Gelehrter Streit eines Hussiten mit einem Jesuiten

Disputation zweier ungewöhnlicher Gäste

09. 01. 2013

Am 5. Dezember 2012 belebten den klattauer Marktplatz der heilige Nikolaus mit Engeln und Teufeln. Die Teufel waren in Übermacht, kein Wunder also, dass man überall Höllenlärm hören konnte.

Im Vortragssal der Stadtbibliothek dagegen herrschte würdevolle Ruhe, hier war alles vorbereitet für die gelehrte Disputation zweier recht ungewöhnlicher und werter Gäste. Die Zuhörer, unter denen auch der pilsner Bischof Mons. F. Radkovský saß, wurden vom klattauer zweiten Bürgermeister und Vorsitzenden des Bürgerverbandes Klattauer Katakomben Ing. V. Chroust und von der Direktorin der Stadtbibliothek Z. Buršíková begrüßt.

Diesmal hatten die Besucher die Möglichkeit, Zeugen eines geistlichen Zweikampfes zu werden, in dem sich zwei Personen gegenüberstanden, die keiner von uns in der Wirklichkeit treffen kann und die niemals miteinander zusammentreffen konnten. Gestatten Sie mir Ihnen die Gäste vorzustellen :

den älteren der beiden, Jakoubek von Stříbro (um 1420) , stellte Petr Čornej dar, Professor der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag, Spezialist für Hussitengeschichte. Einen mehr als 200 Jahre jüngeren anonymen Jesuiten (um 1650) verkörperte Dozentin Ivana Čornejová, die sich mit der Barockepoche und mit der Jesuitentätigkeit beschäftigt. Der Hussit und der Jesuit haben sich hier zusammengegefunden, um ihren Standpunkt zu neun Fragen des kirchlichen und religiösen Lebens zu äußern - es ging um Probleme, die ihre Zeitgenossen beunruhigten. Und, wie es sich zeigte, viele davon bleiben heiß noch heute.
Die Disputation verlief folgendermaßen :

Zuerst wurde eine Frage ausgesprochen, damit wurde das Problem eingeführt. Dann äußerte der Hussit seine These und danach kam der Jesuit mit seiner Antithese. Sie bemühten sich jedoch nicht, zu einem gemeinsamen Schluss zu kommen - jeder Zuhörer sollte seine eigene Stellungnahme finden.
Es war eine Disputation, wie sie seit Mittelalter üblich war, deshalb wurde beiden Seiten erlaubt "in die Papiere" zu schauen. Obwohl nämlich alte Gelehrte ein viel geübteres Gedächtnis als wir hatten, waren auch sie nicht imstande, einen so riesigen für ihre Arbeit notwendigen Umfang an Material zu umfassen und auswendig zu zitieren.
Hier sind jene Fragen, zu denen sich beide Seiten äußerten :

  1. Ist die wirkliche Kirche die römische Kirche oder die unsichtbare Kirche des Kristus?

  2. Ist Gottesgesetz dem Menschengesetz übergeordnet?

  3. Kann das Wort Gottes völlig frei (von jedem beliebigen) gepredigt werden?

  4. Ist utraquistisches Abendmahl Bedingung für Erlösung?

  5. Ist es den Geistlichen erlaubt, weltliche Herrschaft auszuüben?

  6. Was sind Todessünden, führen sie zum Verdammen?

  7. Muss heilige Messe in der Volkssprache gelesen werden, dürfen Priester ohne Ornate heilige Messe zelebrieren?

  8. Kann Gelehrtheit zur Glaubensvertiefung führen?

  9. Ist Bilderverehrung gleich Götzenverehrung?

Zum Abschluss erklärten beide Rollendarsteller, Frau und Herr Čornej, auf welche Weise sie sich für diese ungewöhnliche Vortragsform vorbereiteten. Jeder arbeitete unabhängig von dem anderen, nichts wurde gemeinsam besprochen. Es ist interessant, dass die beiden ihre Behauptungen mit denselben Bibelzitaten und denselben Äußerungen der kirchlichen Autoritäten unterstützten.

Frau Dozentin Čornejová inspirierte sich für ihre Rolle eines anonymen Jesuiten bei realen Persönlichkeiten, wie z.B. bei dem heiligen Ignatius von Loyola und dem heiligen Peter Kanisius, sie nutzte auch Werke des Kardinals Tomᚊpidlík aus.


Der anwesende Bischof Mons. F. Radkovský wies auf die Tatsache hin, dass einige von den Fragen Themen des Zweiten Vatikan-Konzils (1962 - 1965) waren. Hier zuckten die beiden Gelehrten nur die Achsen, dass "sie über etwas solches keine Ahnung haben, weil sie in der Zeit, über die Herr Bischof redet, lange nicht mehr da waren".

Alle Zuhörer waren von dieser Vorlesungsform gefesselt, ja begeistert. Das Ehepaar Čornej erntete mit Recht großen Beifall. Alle Verehrer der alten Geschichte erfreut bestimmt das Versprechen, dass die Disputation im Rahmen der traditionellen Veranstalltung Barock-Jesuiten-Klattau im Frühjahr 2013 fortgesetzt wird.

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